Ausgabe 2/2019 | Allgemein

Museumstauglich: Wurst mit Haxn

Seit ein paar Jahren ist ein Besuch einer der „sieben schönsten Städte der Welt“ (so Alexander von Humboldt), der altehrwürdigen Dreiflüssestadt Passau, ohne einen Abstecher in das weltweit einzige Dackelmuseum nicht denkbar. In bester Citylage, gleich gegenüber der Neuen Bischöflichen Residenz, kann man auf achtzig Quadratmetern Tausende von Exponaten rund um diesen lustigen, eigensinnigen Vierbeiner bestaunen.

Text: Gunda Krüdener-Ackermann | Fotos: Wolf-Dietrich Weissbach

Was sich angesichts steigender Zahlen von Vegetariern und Veganern nach der trotzig-neuen Kreation eines Dorfmetzgers anhört, ist das mitnichten. Vielmehr verbirgt sich hinter jener „Wurst mit Haxn“ ein quicklebendiges Unikum auf vier Beinen – der Dackel. Langer Körper, kurze krumme Beine, gepaart mit Schlappohren und „untrüglich treuem“ Blick. Nachempfunden wurde dieser despektierliche Begriff ganz sicher dem, was man im fernen Amerika aus unserem deutschen Teckel, unserem bayerischen Dackel, unserem geliebten Zamperl … machte. Dort wurde aus ihm kurzerhand der Sausage Dog. Aber der transatlantische Missbrauch war damit noch nicht beendet: Als langes heißes Würstchen (in seiner Urform von einem Passauer Metzger erfunden), meist in ein wabbeliges Weißmehlbrötchen gequetscht, mit reichlich Ketchup verkleistert, landete er ab 1914 als Hot Dog – eine der wenigen kulinarischen US-Highlights – etwa in Nathan’s Würschtelbude.

Und das muss gerade unserem Wastl, Seppl oder Bazi passieren, der in seiner quicklebendigen Version eigentlich „ins bayerische Wirtshaus gehört wie das Kruzifix in den Herrgottswinkel“! Bestens repräsentiert, wenn er wie dereinst mit seinem Begleiter Walter Sedlmayer im Paulaner Biergarten um die Wette grandelt oder wenn er sich als Tatort-Dackel Oswald von Oberinspektor Veigl, alias Gustl Bayerhammer, in die Hosenbeine von Verbrechern verbeißt. In Passau kommt der Dackel endlich wieder zu den Ehren, die ihm gebühren. Denn zu Beginn unseres Jahrhunderts drohte er fast auszusterben. Kaum zu glauben, aber plötzlich klebte ein Spießerimage an ihm, das die Welpenzahl von zuvor knapp dreißigtausend auf siebentausend schrumpfen ließ, mit Tendenz nach unten. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Bester Beweis – der Ansturm von Besuchern (oft mit eigenem Zamperl im Schlepptau) im neuen Dackelmuseum.

In der pittoresken Passauer Altstadt, von den Flüssen Donau, Isar und Ilz durch- bzw. umflossen, haben die ehemaligen Floristen Joseph Küblbeck und Oliver Storz auf achtzig Quadratmetern der großen Liebe ihres Lebens, den Dackeln, ein Denkmal gesetzt und beinahe ganz Passau mit dem Dackel-Virus infiziert.

Eigentlich ein richtiger Jagdhund

Auch das lebende Vorbild zu Plüschdackel Walle der Firma Margarethe Steiff hatte seine ganz eigenen Vorstellungen, wie sein Hundeleben aussehen sollte. Sein Herrchen Robert, der Neffe Margarethes, hatte entschieden zu wenig Zeit für Spaziergänge. Kurzerhand nahm Walle den Zug. Täglich bestieg er den um dieselbe Zeit, drehte die seiner Ansicht nach unverzichtbaren Runden in seinem Lieblingsrevier und kam abends pünktlich per Bahn wieder nach Hause an seinen Futternapf.

Lustige Episoden, die egal, ob Rauhaar-, Kurzhaar-, Langhaar- oder die edle Version des Tigerdackels – eine Züchtung aus dem Hause Wittelsbach – eindeutig den Charakter dieser Spezies aufblitzen lassen. In diesem Schlawiner, dem man Intelligenz, Heldenmut, Eigensinn oder gar Selbstüberschätzung zuschreibt, stecken, wie man im Museum erfährt, vor allem angezüchtete Rassemerkmale. Denn eigentlich ist der Dackel nicht dazu bestimmt, als lustiges Zamperl mit Nickituch unterm Wirtshaustisch zu lümmeln. Seine ursprüngliche Aufgabe ist es, als Jagdhund den Fuchs oder Dachs aus seinem unterirdischen Bau zu vertreiben.

Hot Dog und Wackeldackel

Die Gründer des Passauer Dackelmuseum Oliver Storz (l) und Seppi Küblbeck (r) mit Fans aus der Schweiz.

Zuerst aber muss man sich dazu in Stimmung gucken, also das Museum besuchen. Flankiert von Plastik-Dackeln in Pink, mit Krönchen oder auch im dezenten Grau schreitet der Besucher über wenige Stufen hinein ins Museum am feinen Residenzplatz.

Im kleinen Foyer erwartet einen eine wunderbar üppige Auswahl von Dackel-Devotionalien, auf die man ganz sicher nach dem Besuch des Museums Lust hat: Christbaumschmuck, Servietten, Schminktäschchen, Schlüsselanhänger, Fußabstreifer …

Als besondere Beigabe zur Eintrittskarte gibt’s echte VIPAutogramme – natürlich von den Museums-Initiatoren; aber auch ihre eigenen Dackel Moni und Klein-Seppi haben es sich nicht nehmen lassen, persönlich mit Pfötchenabdruck zu signieren.

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